Hypnotische Sprachmuster

Hypnotische Sprachmuster

Gerd Altmann auf Pixabay

DAS ZIEL
Das Ziel dieses Essays ist, einen allgemeinen Überblick über hypnotische Sprachmuster nebst Kategorisierung zu geben. Ein weiterer Aspekt ist die Verknüpfung zu praktischen Anwendungen im geschäftlichen Kontext insbesondere

1. im Vertrieb
2. der Unternehmensberatung und
3. im Business Coaching.


DER HINTERGRUND

Die hypnotischen Sprachmuster, die im NLP gelehrt werden, basieren auf dem sogenannten Milton¬Modell. Die Techniken wurden von Milton Erickson entwickelt,  angewendet und letztlich von Bandler und Grinder für NLP modelliert. Das Ziel des Modells ist im Wesentlichen mit sprachlichen Mitteln in einen intensiveren Kontakt mit dem Unbewussten seines Gegenübers zu kommen. Dabei werden tendenziell vage und unbestimmte Formulierungen verwendet, die dennoch einen Erlebensprozess steuern und somit Gefühle, Gedanken, Bilder etc. aus dem Unterbewusstsein hervorbringen können.

Hypnotische Sprachmuster lassen sich im Wesentlichen in vier übergeordnete Kategorien einstufen:  Das sind

  1. Kausale Modellierungsprozesse
  2. Transderivationale Suche
  3. Untergeordnete Satzteile (Suggestion) und
  4. Präsuppositionen.

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Kausale Modellierungsprozesse – als eine Kategorie – umfasst Satzformen, in denen eine Ursache-Wirkungsbeziehung dargestellt wird, um ein Gesprächsziel zu erreichen. Dies können einfache rhetorische Gesprächsziele im Alltag, in beruflichen Situationen oder aber auch therapeutische Ziele sein, wie z. B. den Klienten in einen Trance-Zustand zu bewegen und somit weitere Coaching-Techniken anwenden zu können.

Dabei ist es unerheblich, ob der Wirkungszusammenhang allgemein bekannt ist, oder lediglich eine Behauptung des Sprechers ausdrückt. Natürlich sollten derartige Muster nur mit positiven Absichten angewendet werden und den Adressaten nicht schaden. Akzeptiert also der Adressat (Einzelperson oder Gruppe) eine allgemeine Ursache-Wirkungs-beziehung, dann glaubt er auch zwangsläufig an das Eintreten einer bestimmen Wirkung, sofern die Ursache vorliegt.

Die sogenannte transderivationale Suche beschreibt hingen eine Technik, mit der man sein Gegenüber anregt, dem Gesagten eine eigene Bedeutung zu geben, die nicht offensichtlich ist. Durch diese Sprachmuster lässt man dem Gegenüber die Freiheit, sich auf ein Erleben zu fokussieren, welches für sie/ihn am besten passt. Diese Technik wird häufig im Coaching eingesetzt, um den Klienten in eine Trance zu versetzen. Im geschäftlichen Kontext kann es wiederum ein rhetorisches Mittel sein, mit dem man sein Gegenüber beeinflussen kann. Es können z. B. leichte Verwirrungszustände erzeugt werden, die man unmittelbar mit einem konkreten Lösungsvorschlag auflösen kann. Untergeordnete Satzteile werden häufig als Suggestion und Befehle eingesetzt. Das sind Fragen, die als Satz formuliert werden, wie z. B. „Ich frage mich, wie sehr Sie die hohe Wichtigkeit dieser Thematik überblicken.“

Ein andere Möglichkeit, ist eine Befehlsform, wie z. B. „Wenn Sie uns heute in unseren Geschäftsräumen besuchen, dann gehen Sie in der Verhandlung einen Schritt auf uns zu. Alles andere wäre doch absurd.“ Dieser Satz lässt sich noch mit einer Nachfrage mit offenem Ende verstärken, „Ist es nicht so?“.

Präsuppositionen ist die letzte Kategorie. Sie umfasst Formulierungen, die andere als wahr voraussetzen müssen, damit das Gesagte überhaupt einen Sinn ergibt. „Bevor wir zu einer Lösung kommen, müssen alle Karten auf den Tisch“ (zeitliche Nebensätze). „Nur Sie können wissen, was der nächste richtige Schritt für Sie ist“ (Qualifikator), oder „Welches der beiden Angebote passt am besten für Sie?“ (rhetorische Frage).

Mögliche Anwendungsbereiche finden sich im Vertrieb, der Unternehmensberatung und im Business Coaching.

Im Folgenden soll die vorher erläutertete Kategorie „Kausale Satzformen“ vertieft und Anwendungsbeispiele – mit geschäftlichem Kontext – aufgezeigt werden. Kausale Satzformen können je nach Wortwahl eine mehr oder weniger starke Wirkung auf unser Gegenüber haben. Die schwächste Form ist die Verbindung mit einen „und“ bzw. „aber“ oder „und nicht“ sowie einem „kann“, was lediglich eine Ursache-Wirkungs-Möglichkeit ausdrücken soll. Beispiel: „Und sobald sich Ihre Mitarbeiter im Verlauf des Projekts vermehrt mit digitalen Geschäftsstrategien auseinandersetzen werden, kann die anfängliche Skepsis schnell verfliegen und eine Kulturveränderung eintreten.“ Hier wird ein allgemein bekannter Wirkungszusammenhang angeboten, dass allein die Beschäftigung mit dem Unbekannten oder bestehenden „Ängsten“ eine positive Wirkung hat und sich i.d.R. pessimistische Annahmen als unwahr herausstellen. Durch das Wort „können“ wird hier eine abgeschwächte Form genutzt. Diese eignet sich für den Anfang eines Vertriebs- oder Beratungsgesprächs, um mögliche Widerstände des Gesprächspartners zu verhindern, bis (mehr) Vertrauen hergestellt ist. Andererseits können derartige Muster gezielt eingesetzt werden, um eine Konkretisierung seitens des Gesprächspartnes einzufordern, die wiederum eine stärkere gedankliche und ggf. auch emotionale Auseinandersetzung mit einem Thema initiiert.

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Das bedeutet, je mehr Möglichkeiten angeboten werden, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine vom Gesprächspartner angenommen wird. Andererseits können zu viele Optionen auch Unsicherheit suggerieren.

Im geschäftlichen Kontext ist daher anzuraten, sich auf wenige „Kann“-Formulierungen zu beschränken und im Verlauf eines Gesprächs verstärkt konkretisierende Wörter einzusetzen, wie z. B. „bewirken, voraussetzen, weil.., wenn…dann…“ um überzeugender und zielorientierter zu wirken. Beispiel: „Unser gemeinsames Engagement heute ist gleichzusetzen mit Ihrem Erfolg in der Zukunft.“ Ist dieser Zusammenhang für den Adressaten einleuchtend, dann wird er sich in dem jeweiligen Kontext (Workshop, Projekt oder Coaching-Session) möglicherweise stärker einbringen.

Viele Weisheiten bzw. „verbale Aufforderungen“ können durch ein sog. verlorenes Performativ (verlorener Sprecher bzw. Urheber) ausgedrückt werden. Beispiel: „Wissen Sie, es ist nun mal so, dass man sich wirklich gut überlegen sollte, welche Beratungsleistung man einkauft. Deshalb ist es wichtig, die Beratung zu wählen, welche aus erster Hand weiß, wie es funktioniert. Alles andere wäre doch fragwürdig.“ Ein weiteres Muster sind Generalisierungen mittels Wörtern wie z. B. „alle, immer, jeder, nie..“ Beispiel: „Jede neue Coaching-Session macht es Dir leichter, schnell an neue und hilfreiche Erkenntnisse über Dich und Dein Umfeld zu gelangen.“ Das Muster bewirkt eine Motivation des Klienten, um z. B. am Ende der ersten Session weiter am Ball zu bleiben und sich nicht durch die ersten Erfahrungen entmutigen zu lassen. In diesem Zusammenhang ließe sich noch folgendes Sprachmuster einbauen, insbesondere, wenn man eine bestimmte Reaktion indirekt – also ohne sie offen zu verlangen – hervorrufen möchte. Dies kann man mit den Verben „feststellen“, „sich fragen“, oder „neugierig sein“ erzielen. Beispiel: „Ich bin neugierig, wie die erste Coaching-Session bei Dir angekommen ist.“ / „Ich stelle fest, dass Sie sich heute ein Angebot für eine Folgesession gewünscht hätten.“

Abschließend kann angenommen werden, dass hypnotische Sprachmuster im Vertrieb eine mittlere Relevanz besitzen. Technische Kenntnisse zu Produkten sind ebenso wichtig, wie das Einfühlungsvermögen des Vertriebsmitarbeiters, um die beste Lösung gemeinsam mit dem Kunden herauszuarbeiten. Hierbei ist es wichtig, nicht zu übertreiben und die Sprachtechniken wirklich dafür einzusetzen, um das Unterbewusste des Kunden (hier: seine Bedürfnisse) anzusteuern, damit er/sie die beste Lösung für sich selbst entdeckt und nicht der Vertriebler seine Lösung aufdrängt.

In der Unternehmensberatung kann eine mittlere bis in Teilen hohe Relevanz angenommen werden. Insbesondere in der Akquisephase muss der Kunde überzeugt werden bzw. er sich dazu entscheiden, ein bestimmtes Projekt zu buchen. Hier muss er bei der Definition der Beratungsinhalte unterstützt und von der Werthaltigkeit des Projekts sowie des Beratungsteams überzeugt werden. In der Projektphase bzw. Durchführung überwiegt dann der Fokus auf Hard Facts und Daten. Bei Projekten mit eher strategischem oder kulturellem Schwerpunkt bzw. bei schwierigen unternehmerischen Entscheidungen – bei denen die Datenlage nicht eindeutig ist – können hypnotische Sprachmuster wiederum sehr wirkungsvoll eingesetzt werden.

Im Business Coaching besteht zweifellos die höchste Relevanz für hypnotische Sprachmuster. Hier geht es häufig um einen sehr intimen Austausch zwischen Coach und dem Klienten. Sprache im direkten, persönlichen Kontakt, ist hier das zentrale Mittel, um an wichtige Erkenntnisse vom Klienten zu erlangen, die letztlich über Erfolg oder Misserfolg eines Coachings entscheiden. Da diese oftmals im Unbewussten liegen und durch kompensierendes Verhalten überlagert werden, ist der Zugang über vorher genannte Sprachmuster essenziell.

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MEIN FAZIT
Eine wesentliche Voraussetzung, damit Spachmuster gut funktionieren, ist ein stabiler Rapport (= guter Kontakt) zum Gegenüber. Das wird durch eine positive innere Haltung zum Gegenüber verstärkt, die echt und nicht aufgesetzt ist. Natürlich ist auch der Gesprächskontext von hoher Bedeutung, d. h. wie relevant sind die Themen für die Beteiligten (High vs. Low Stakes) und was erwartet das Gegenüber (Daten vs. menschliche Expertise und Unterstützung).

Sprachmuster sollten in jedem Fall nur mit Bedacht – und nicht systematisch zum Schaden anderer – angewendet werden. Des weiteren sollten hypnotische Sprachmuster meines Erachtens ein wichtiger Bestandteil unseres Alltags sein – Rapport und Vertrauen vorausgesetzt, um letztlich unserem Unbewusstem ein größeres Sprachrohr zu verleihen und damit effektiver zu kommunizieren. Ich denke, dass die Relevanz des Unbewussten in Zukunft zunehmen wird. Es werden immer mehr Informationen und externe Einflüsse auf die Menschen einwirken, die aber nicht bewusst verarbeitet werden können – außer von künstlicher Intelligenz, die aber noch am Anfang steht. Von daher ist es essenziell, das Unterbewusstsein der Menschen zu stärken, ehe sie es gänzlich verlernen und somit drohen in der Informationsflut unterzugehen.

Der Autor dieses Fachartikel „Hypnotische Sprachmuster“ ist ein NLP Practitioner und möchte anonym bleiben

 

 

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