NLP in der Kindererziehung

NLP für Eltern

Welche Eltern kennen dies nicht? Geschrei, Streit, knallende Zimmertüren – Es gibt für alles einen Grund und meinen Kindern fehlen gerade die Optionen anders zu handeln. Die Situation für den hörbaren Konflikt zwischen den Beiden wird somit einmal neu bewertet. Erfahren Sie mehr über NLP in der Kindererziehung.

NLP in der Kindererziehung
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Seit einigen Wochen geistert das Thema „NLP-Masterarbeit schreiben“ durch den Kopf und die Ideenlosigkeit mit Ihr. Was soll ich nur schreiben und vor allem über was? Corona-bedingt habe ich aktuell nicht unbedingt viele Sozialkontakte. Mit Homeschooling habe ich nun meine 9-jährigen und 2,5-jährigen Söhne dauerhaft um mich herum und die Versuche ruhige Gedanken zu fassen werden von Protestschreien des Jüngsten und Anweisungsrufen des Ältesten begleitet. Wie soll man so nur auf ein Thema kommen?… Und dann viel es mir wie Schuppen von den Augen:

Vor meinem ersten NLP-Practitioner Kurs hätte ich in solchen Situationen noch meine Kinder zusammengerufen und sie sehr direkt zur Ruhe gebeten, da man ja sein eigenes Wort im Kopf nicht mehr versteht. Zugegeben, eine schnelle Methode um kurz für eine leisere Lautstärkeregelung zu sorgen, jedoch temporär eher von kurzer Dauer. Kaum schloss sich die Tür hinter meinem Rücken, begann das Spiel von vorne. Welche Eltern kennen dies nicht?

Mittlerweile läuft es anders:

Bevor ich mich in die Rolle des „kritischen Eltern-Ichs“ verleiten lasse (Transaktionsanalyse) und jedem der Kinder sage, was sie zu tun und zu lassen haben; neue Regeln aufstelle, die sie nicht verstehen können, da sie gar nicht Teil des Entwicklungsprozesses der Regeln waren, wird tief durchgeatmet und bedacht: Es gibt für alles einen Grund und meinen Kindern fehlen gerade die Optionen anders zu handeln. Die Situation für den hörbaren Konflikt zwischen den Beiden wird somit einmal neu bewertet: Re-Framing. Somit ist meine Hilfe, statt noch mehr Kritik und Ärger, gefragt. Kaum wird das Zimmer betreten, schlüpft der Jüngste in die Rolle des „angepassten Kindes“, als braves Kind, der es mir gerade unter allen Umständen recht machen will, fleißig am Situation erklären, sofern es ihm mit seinem wenigen sprachlichen Mitteln möglich ist, und begibt sich in seine Opferrolle um Anerkennung und Fürsorge zu erhaschen. Der Älteste ist zunächst zwischen dem „angepassten Kind-Ich“ und dem „rebellischen Kind-Ich“ hin- und hergerissen: Soll er jetzt bockig sein und sich durchsetzen oder doch lieber versuchen die Wogen zu glätten um es mir noch schnell Recht zu machen, und entscheidet sich dann doch lieber für die Rechtfertigung der Lautstärke und Geschehnisse. Innerlich beginne ich zu schmunzeln, da mir mittlerweile die Rollenbilder sehr bewusst sind. Anstatt die Kinder mit einer von mir selbst vermeintlichen Lösungsfindung, einfach ruhiger zu sein und dann wieder allein zu lassen, setze ich mich mit Ihnen hin und höre mir zunächst Ihre Problematik an. Auch hier hat sich die Wahrnehmung durch NLP mittlerweile soweit geschärft, dass ich beginne bei den Schilderungen der Kinder auf Ihre bevorzugten Repräsentationssysteme (auditiv, visuell oder kinästhetisch) in Ihrer Sprache und Ihrem Verhalten zu achten. Zugegeben, bei einem 2,5 – Jährigen noch etwas schwierig, jedoch bei meinem großen Sohn schon einfacher. Er drückt sich sehr mit Empfindungen und Gefühlen aus, die mehr optisch erkennbar sind. Sein Blick ist oft nach unten gerichtet und seine Reaktionen und Antworten sind bemerkbar langsamer, da er sich die Dinge durch den Körper gehen lässt und nicht nur durch den Kopf. Er ist im Gesamtverhalten sehr emotional und lässt seiner Kreativität zum Beispiel in haptischen Dingen, wie Lego bauen, freien Lauf. Er ist wenig gesprächig und neigt definitiv zur Unordnung, was mir als Mutter mit präferiertem visuellem Repräsentationssystem oft auffällt. Der jüngste Sohn scheint eher auditiv zu reagieren, da er Worte sehr schnell auswendig lernt und für sein Alter bereits einen weiten Sprachschatz hat. Er verwendet unterschiedliche Tonalitäten je nach Stimmungslage und hat eine sehr melodische, ausdrucksstarke Stimme. Ebenso scheint er jedoch auch sehr visuell veranlagt zu sein, da er zu gern putzt und ihm bereits kleinste Veränderungen auffallen. Allein durch das Vorhandensein der unterschiedlichen Repräsentationssysteme sind Krisen zu erwarten, da jeder von uns Familienmitgliedern auf unterschiedlichen Kanälen kommuniziert und somit nicht oder nur teilweise das Weltbild des Anderen erreicht und versteht.

Schnell wird klar, dass der Älteste die Rolle des „kritischen Eltern-Ichs“ übernimmt, sobald kein Erwachsener anwesend ist und der Jüngste mit dem „rebellischen Kind-

Ich“ manchmal mehr und manchmal weniger erfolgreich kontert. Da ist der Konflikt bereits vorprogrammiert, genauso wie die Lautstärke. Mit ein paar einfachen, kindgerechten Fragen erfahre ich die Wünsche des Jüngsten, die von der Stimmlage sehr wissend und planend klingen. Offenbar hatte er schon eine genaue Vorstellung im Kopf, wie und was in seinem Zimmer als nächstes passieren soll. Der Älteste, in seiner Wortwahl natürlich reifer als sein kleiner Bruder, schildert die Problematik aus seiner Sicht sehr zäh und emotional und beginnt zu argumentieren warum sein Bruder mit seinem Willen seiner Ansicht nach hinten anstehen muss. Mit einer kurzen, aber effektiven Frage aus dem hypnotischen Sprachmuster „Wäre es nicht schön, wenn wir alle friedlich miteinander spielen könnten und so Spaß zusammen hätten?“ werden auch gezielt aufkeimende gegenseitige Proteste schnell wieder unterbunden. Mit Hilfe von Meta-Modell-Fragen wird die Problematik analysiert und der Hintergrund des Konfliktes erfragt.

Als aktive Zuhörerin versuche ich mir ein Bild beider Parteien zu machen und Ihre Bedürfnisse herauszuarbeiten. Der Grund  für sämtliche Konflikte ist die fehlende Beachtung eines in diesem Moment wichtigen Bedürfnisses. Mein Ziel ist es nun beide Begehren offen zu legen und zumindest meinen ältesten Sohn seinen Wunsch aussprechen zu lassen. Da dem Jüngsten der Sprachwortschatz dafür noch fehlt frage ich somit den Großen was er meint, was sein kleiner Bruder für ein Bedürfnis haben könnte. Dies funktioniert sehr gut, da ich hier direkt seine emotionale Ebene anspreche, die er leichter versteht und ich mich auch an seinen sozialen Anteil direkt wende. Aufgrund seines bevorzugten kinästhetischen Repräsentationssystems weiß ich, dass ich nicht sofort eine Antwort erhalten werde. Früher habe ich auch hier oft den Fehler gemacht und meinem eigenen persönlichen Antreiber: „Beeil dich, lass mich nicht warten!“ den Vorrang gegeben. Dies führte natürlich dazu Ihn zusätzlich unter Druck zu setzen, was erstrecht keine Antwort oder Lösung einbrachte. Heute weiß ich, er benötigt einfach mehr Zeit, da der Informationsfluss andere Wege als meine eigenen zurücklegt.

Mein 9-Jähriger, der vorher nur seinen Willen sah und ihn aus einem „kritischen Eltern-Ich“ durchsetzen wollte, wechselte auf einmal in die Rolle des „angepassten Kindes“ und versucht es mir und seinem Bruder recht zu machen. Seine fürsorgliche und soziale Art machte es ihm sehr leicht Optionen für ein friedliches Miteinander zu finden. Dennoch erinnerte ich meinen Ältesten auch daran, den Fokus auf sich selbst nicht zu verlieren. Er darf seine Bedürfnisse und Wünsche schließlich auch erfüllen. Ziel ist es schlussendlich, dass beide gemeinsam auf ihr Wohlbefinden schauen und nicht nur jeder sich selbst im Blick hat. Der große Bruder hat nun eine wahre Freude daran gefunden seinem kleinen Bruder beim Spielen Dinge zu zeigen und zu erklären wie und warum er sie so baut und was man damit machen kann. Er übt somit seine eigene Kommunikation und bekommt von seinem Spielkameraden die Anerkennung und Wertschätzung, die er auch für seine Kreativität braucht. Der Jüngste sieht immer wieder neue, spannende Sachen und lernt durch die Erklärungen und Anwendung der Sprache sehr schnell dazu. Auch ist es zu einem wichtigen Bestandteil geworden seine Aktivitäten und unterschiedlichen Bedürfnisse zu begründen und nicht einfach dem Anderen etwas wegzunehmen. Somit können sich die Zugangshinweise der Repräsentationssysteme der beiden hervorragend ergänzen, anstatt gegeneinander zu arbeiten.

Während es natürlich einfacher ist mit einem Drittklässler zu kommunizieren, gestaltet es sich bei einem Kleinkind schon wesentlich schwieriger. Hier hat sich Pacing als wahres Wunder erwiesen. Unter Berücksichtigung der 4 Pacing Ebenen KESS – Körper, Emotion, Stimme und Sprache, gestaltet sich der Zugang zu meinem jüngsten Sohn als sehr effektiv. Wenn er etwas möchte oder ich ihn anrede geschieht dies in erster Linie auf Augenhöhe. Das heißt ich begebe mich in seine Höhe herab oder nehme ihn zu mir auf dem Arm bzw. setze ihn in seinen Hochstuhl und mich dazu. Durch die Begegnung auf einer Ebene / Höhe gebe ich ihm das Gefühl nicht klein zu sein und immer zu mir aufblicken zu müssen und auch mir selbst nicht das Gefühl zu ihm herabsehen zu müssen. Schließlich hat er als Kleinkind ebenso wichtige Bedürfnisse, wie wir Erwachsenen und diese sind gleichwertig. Durch das Spiegeln seiner Emotion in abgeschwächter Version vermittele ich ihm ihn zu verstehen. Natürlich kann nicht jede Emotion gespiegelt werden, da hier ein schmaler Grat ist zwischen Emotionen weiter anheizen oder ihm das Leading komplett zu überlassen. Hier kommt es ganz klar auf die Situation an und welche Emotion im Zusammenhang mit seinem Bedürfnis dahinter verborgen ist. Da gerade bei Kleinkindern ein sehr schneller Wechsel der Emotionen stattfinden kann ist das Spiegeln der Gefühlswelt der Kleinen eine große Herausforderung. Erfahrungsgemäß neigen hier Väter gerne dazu Emotionen der Kleinkinder noch etwas aufzustacheln, um den Müttern somit die Chance zu geben über sich hinauszuwachsen.


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Beim Spiegeln der Stimme und Tonalität, bzw. bei 2,5-Jährigen auch gern mal der ganzen Geräuschkulisse, erhält man als Elternteil sofort Aufmerksamkeit vom Kleinkind. Es werden dann gerne neue Tonalitäten ausprobiert, wenn Mama oder Papa mitmachen und sie pacen. Das ist zum einen für den Jüngsten ein lustiges Spiel, jedoch ebenso wichtig seinem, noch nicht sehr ausgeprägtem Wortschatz, Emotion und Bedeutung zu geben. Durch die Klangqualität der Stimme erhalte ich ein Eindruck welches Empfinden, Dringlichkeit und auch Bedürfnis dahinter steckt und kann einschätzen ob das „Toll“ gerade in Richtung „Toll, es freut mich!“ oder „Toll, jetzt ist es kaputt.“ geht. Entsprechend ist es möglich als Eltern sofort einzuschätzen, welche Dringlichkeit ein eventuelles Einschreiten in das aktuelle Geschehen hat.

Die Sprache ist bei so kleinen Kindern gerade fleißig am Entwickeln und als Eltern neigt man dazu nahezu jeden Wortfetzen zu korrigieren. Diverse kindliche Wörter sind natürlich lustig und dienen auch Jahre später, wenn das Kind bereits eingeschult wurde und einen sehr viel weiteren Sprachschatz hat, noch zur allgemeinen Belustigung. Während dies jedoch nur wenige Worte sind, die Eltern gern ein paar Jahre mitnehmen, lernt das Kleinkind umso schneller und dauerhafter die Sprache der Eltern. Besonders spannend ist es, wenn die Jüngsten diverse unkontrollierte Flüche der Eltern übernehmen, deren Korrektur seltsamerweise eher weniger von Nöten ist als beim normalen Wortgebrauch. Das Kommunikationslevel nimmt durch viel miteinander reden, vorlesen, Hörbücher und Radio hören sehr schnell zu. Gerade in einer Region, in der starker Dialekt gesprochen wird, bemerkt man das Pacing des Kindes sehr intensiv, da neue Worte oft erst im Dialekt gelernt werden bevor sie Jahre später ins Hochdeutsche übersetzt werden.

Mit all dem automatischen und ständigen Pacen auf allen 4 Ebenen hat man als Eltern zu seinem Kind einen dauerhaften Rapport, welcher die Bindung in der Eltern-Kind-Beziehung unterstützt und den Eltern es erleichtert Ihre Kinder zu führen.

Gerade das Leading ist für Eltern die wichtigste Aufgabe in der Erziehung und Unterstützung Ihrer Kinder. Zu Beginn Ihres Lebens sind kleine Kinder in Ihren Handlungs- und Denkoptionen sehr eingeschränkt und wissen keinen Ausweg aus vielen Situationen. Eine NLP-Annahme, die besagt: „Wenn etwas nicht funktioniert, dann tue etwas anderes.“, wird als Aufforderung flexibel zu reagieren angesehen. Jedoch sind Kinder, insbesondere Kleinkinder noch gar nicht in der Lage zu Flexibilität und dem Erarbeiten anderer Optionen. Sie brauchen Ihre Eltern als „Coach“, die ihnen andere Wege und Möglichkeiten in Ihren Situationen aufzeigen. Hier macht es ebenso Sinn mehr als eine weitere Option neben dem „Nichtfunktionieren“ den Kindern zur Verfügung zu stellen, damit sie sich mit Ihren Bedürfnissen und Wünschen auseinander setzen können und lernen Entscheidungen zu treffen. Eine Auswahl zwischen „Nichtfunktionieren“ und einer einzigen weiteren Option, wie es Eltern gern häufig tun, bietet schließlich keine Möglichkeit für weitere Handlungsweisen der Kinder.

Dabei sind gerade viele Optionen und Handlungsmöglichkeiten eine hervorragende Grundlage um für sich die Beste subjektiv mögliche Wahl zu treffen. Es wird den Kindern eine andere und angemessenere Möglichkeit für die Erfüllung Ihrer Bedürfnisse in bestimmten Situationen zur Verfügung gestellt. Somit wären viele Reaktionen aus scheinbarer Bosheit, aufgrund mangelnder Handlungsalternativen, nicht mehr gegeben.

Bereits mit 10 Jahren werden Kinder vor weitreichenden Entscheidungen gestellt, zum Beispiel welche weiterführende Schule sie denn besuchen möchten. Ihr Horizont kann jedoch die Tragweite der Entscheidung, welche Schule sie künftig besuchen möchten, noch gar nicht erfassen. Auch hier bietet sich, durch die richtige Kommunikation und leichte Interventionen aus dem NLP, die Möglichkeit Optionen zu betrachten, wie es in Ihrer Zukunft weitergehen könnte. Wer konnte schon mit 10 Jahren sein sicheres Berufsziel nennen? Manchmal genügt aber einfach die Hilfestellung, wie es denn weitergehen könnte und auch die Angst vor einer vermeintlich „falschen“ Entscheidung zu nehmen.

Besonders beachtenswert sind bei einem solchen Thema die inneren Antreiber und Glaubenssätze der Eltern, die für Ihre Kinder stets das Beste wollen. Oft bekamen wir selbst als Kind zu hören „Du musst etwas Gescheites lernen um einmal viel Geld zu verdienen!“ und schon wurden uns Erwartungen aufgebürdet, die als Kind kaum tragbar oder unverständlich waren, da sie aus der „Welt der Erwachsenen“ kamen. Da als Kind jedoch das Bedürfnis groß ist es seinen Eltern recht machen zu wollen, adaptiert es solche Aussagen und Sätze, ohne sich deren Bedeutung für einen selbst bewusst zu sein. Erst Jahre später, wenn der nun arbeitende, erwachsene Mensch nach diesem Glaubenssatz handelt, stellt er unter Umständen fest, dass „viel Geld verdienen in einem hoch angesehenen Beruf“ nicht zur inneren Befriedigung und Bedürfniserfüllung geführt hat.

Als Elternteil mit NLP im Bewusstsein und in der Handlungskompetenz, weiß ich jedoch, dass nicht mein Weltmodell für das Leben meines Kindes ausschlaggebend ist, sondern sein eigenes mit seinen Ressourcen und Fähigkeiten. Damit meine Kinder ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben haben werden, sehe ich es als meine Aufgabe, Ihnen jedwede Unterstützung und möglichst viel Handlungsspielraum zukommen zu lassen, um für sich die beste Entscheidung treffen zu können und sich selbst zu formen. Dazu zählt auch die eigenen, doch häufig sehr starken inneren Antreiber, „Du musst dich beeilen!“, „Streng dich an!“, “Sei perfekt!“, etc. zurück zu nehmen und somit auch den Druck von den Kindern zu nehmen. Selbstverständlich werden sich nicht immer alle Entscheidungen als glücklich herausstellen, aber gerade dann ist es wichtig eine wertschätzende und liebende Familie hinter sich zu haben um viele weitere Wege und Optionen vor sich sehen und gehen zu können.

Autor der Facharbeit: NLP in der Kindererziehung, ist Masterabsolventin Saskia Seestaller

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