NLP Pädagogik

NLP in der Erlebnispädagogik

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NLP in der Erlebnispädagogik

„Neuro-Linguistisches Programmieren (NLP) ist eine Sammlung von Kommunikationstechniken und Methoden zur Veränderung psychischer Abläufe im Menschen“. [wiki20-nlp]

NLP geht davon aus, dass Sinne (Visuell, Auditiv, Kinästhetisch, Olfaktorisch, Gustatorisch) und Sprache als Schnittstellen der inneren Vorgänge eines Menschen zu seiner Umwelt nicht nur genutzt werden können, um dessen innere Vorgänge oder Wahrnehmung besser zu verstehen, sondern auch, um diese zu verändern. Das elementare Wesen dieses Paradigmas unterstützt dessen Relevanz in allen Lebensbe-reichen. Die in dieser Arbeit genannten Anwendungsmöglichkeiten in der Erlebnispädagogik, wollen weder vollständig noch abschließend sein, sondern lediglich einige Möglichkeiten und Anregungen aufzeigen.

NLP in der Erlebnispädagogik
Erlebnispädagogisches Lernen ist als handlungsorientiertes Konzept ein sehr ganzheitlicher Weg zu lernen, also mit allen Sinnen, Verstand, Gemüt und Körper. Auf der einen Seite steht die Gruppe, welche über eigenes Handeln auf Basis von Selbsterfahrung und Erleben lernen soll, auf der anderen Seite der Trainer mit seiner Zuständigkeit für Programmrahmen, Moderation und Sicherheit, welcher über seine Persönlichkeit und seine Programmkompetenz immer wieder Impulse in der Gruppe setzt, um sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Genau wie in der Erlebnispädagogik ist das Erleben mit allen Sinnen ein elementarer Baustein im NLP, welches Wege beschreibt, wie durch dieses Erleben Veränderungen herbeigeführt werden können. NLP kann dem Trainer in der Entwicklung seiner Persönlichkeit helfen, aber auch auf die Gruppenarbeit positiven Einfluß nehmen.

NLP Pädagogik

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Ein häufig praktiziertes Konzept im Bereich der Erlebnispädagogik sind Mehrtageskurse mit Schülern oder Auszubildenden, bei denen sich die Schule oder Firma in einer Einrichtung mit erlebnispädago-gischen Angeboten einbucht. Diese stellt neben Unterbringung und Ausrüstung auch einen (je nach Gruppengröße auch mehrere) als Trainer auftretenden Erlebnispädagogen zur Verfügung, welcher die Teilnehmer durch die Kurszeit begleitet. Persönliche Erfahrungen aus genau dieser zeitlichen und personellen Konstellation sind Basis dieser Arbeit.

Entwicklung der Trainer-Persönlichkeit
„Erziehung ist Beispiel und Liebe, sonst nichts.“ [froebel] Dieses Zitat stammt von Friedrich Fröbel, Begründer des ersten „Allgemeinen deutschen Kindergartens“, welcher früh das Spiel als zentralen Bildungswert für Kinder begriff. Seine pädagogische Arbeit zeichnete sich dadurch aus, dass er nicht versuchte zu lehren, sondern eine Umgebung zu schaffen, in welcher sich Aufgaben vorfinden, welche das Kind spannend und ansprechend findet und dadurch zum Spielen angeregt wird. Die Erlebnis-pädagogik nutzt diese Wirkung des Spiels durch im Schwierigkeitsgrad gesteigerte Herausforderungen auch für andere Altersklassen.

Obwohl es in Fröbels Pädagogik nicht darum geht, aktiv zu lehren, benennt er in obigem Zitat die Wichtigkeit des Beispiels. Demnach profitiert von der persönlichen Weiterentwicklung des Trainers neben dem Trainer selbst natürlich immer auch die Gruppe.

Sicherheit durch Wissen
Einfühlungsvermögen, Authentizität, Neugierde, systemisches Denken, Kreativität und andere Kompetenzen stehen einem Erlebnispädagogen gut zu Gesicht. Auch muß er vor einer Gruppe frei sprechen können und häufig auf ungeplante Situationen flexibel reagieren können.

Durch die unterschiedlichen Konstellationen menschlicher Charaktere in einer Gruppe ist kein Kurs wie der andere und der Ausbau der Trainerkompetenzen ist zu jeder Zeit nicht nur durch Sammeln von Erfahrungen sondern auch durch aktives Lernen gefragt.

Höhere Trainerkompetenzen ermöglichen dem Trainer mehr Sicherheit in seinem Arbeiten. Die Sicherheit auf emotionaler Ebene ist die Basis für ein gewisses „in sich ruhen“, damit für Eigenschaften wie Authentizität und Kreativität und damit für die Wirkung seiner Persönlichkeit. Sicherheit auf fachlicher Ebene wiederum bestimmt den inhaltlichen Wert des Kurses.

Die emotionale und fachliche Sicherheit des Trainers bedingen sich in hohem Grad gegenseitig und spiegeln sich in allen möglichen Formen der Rückmeldung der Teilnehmer wider. Möglicherweise in einem sachlichen sprachlichen Feedback, möglicherweise aber auch einfach in einer gelangweilten Teilnehmergemeinschaft. Diese Sicherheit entscheidet in hohem Maße über die Qualität des Kurses.

Eine NLP-Ausbildung behandelt eine Vielzahl an Themen, die dabei unterstützen, mit Menschen umzugehen und zu arbeiten. Das darin vermittelte Wissen wirkt sich direkt auf die Sozial- und Fach-kompetenzen des Trainers aus und indirekt dadurch auch auf seine emotionale und fachliche Sicherheit.

Stärkungsformate
Neben der unterstützenden Wirkung von vermitteltem Wissen gibt es im NLP aber auch verschiedene Formate, über die der Anwender bei sich selbst eine Stärkung herbeiführen kann. Hier können Probleme direkt angegangen werden.

Sollte es beispielsweise beim Trainer Ängste geben, vor einer Gruppe zu sprechen, können Formate wie „Circle of Excellence“, „Weg mit dem Angstgegner“ oder andere Anker- oder Submodalitätenformate einen Beitrag zur persönlichen Sicherheit leisten.

Ein geübter NLPler kann diese und weitere Formate auf sich selbst anwenden und dadurch zu einer ausgeglicheneren Persönlichkeit heranreifen.

Unterstützung bei der Arbeit mit der Gruppe
Auch wenn in der Erlebnispägagogik von Seiten des Trainers versucht wird, möglichst viele Kompetenzen, Handlungsspielräume und Verantwortung innerhalb der Programmbausteine an die Gruppe zu übertragen, so ist der Trainer für die Teilnehmer doch der initiale Anlaufpunkt beim Kursstart und ein wiederholter Referenzpunkt für den groben Programmablauf und die übergeordnete Verantwortung und Sicherheitskompetenz, welche dieser aus rechtlichen Gründen nie vollständig übertragen kann.

Die Qualität des Kontaktes zwischen Trainer und Gruppe ist ein wichtiger Faktor für einen erfolgrei-chen Kurs. Die Gratwanderung, auf der einen Seite für Sicherheit zu sorgen und auf der anderen Seite der Gruppe die Entscheidungsfreiheit für eigenes Handeln zu geben, birgt immer wieder Fallstricke, in denen z. B. der Trainer die sicherheitstechnische Kontrolle verlieren kann oder andererseits durch zu viel Kontrolle die Entscheidungsfreude der Gruppe lähmt.

Es braucht Fingerspitzengefühl, bei immer neuen Teilnehmerkonstellationen in neuen Kursen die richtige Balance hierfür zu finden. Soziale Kompetenzen sind zur Sicherung der Verständigung von hoher Wichtigkeit, unterstützendes Eingreifen zur Herstellung von Kooperation und zur Regulierung von Konflikten sind gefragt.

Komplexere NLP-Techniken, wie z. B. ein „Six-Step-Reframe“, eignen sich durch die Notwendigkeit intensiverer Coach-Klienten-Betreuung für die in der Erlebnispädagogik typischen Gruppensituation weniger gut. Diese könnten evtl. in einem ruhigen Zwiegespräch mit einzelnen Teilnehmern Anwen-dung finden. Jedoch gibt es einige Elemente, die rein auf Wissensbasis wirken (wie z. B. die NLP-Vorannahmen), keinen zeitlichen Anspruch haben (wie z. B. „Sleight of Mouth“), oder aber auch als Thema für die ganze Gruppe dienen können (z. B. Modelling).

Denkweise (Mindset)
Die NLP-Vorannahmen beschreiben eine grundlegende Haltung im NLP. Durch Aneignung kann sich der Trainer eine positive und zielorientierte Einstellung erarbeiten, welche für die Arbeit mit der Gruppe und deren Weiterentwicklung nützlich ist.

Eine Vorannahme des NLP ist beispielsweise folgende: „Hinter jedem Verhalten steckt eine positive Absicht für denjenigen, der das Verhalten zeigt.“ [dvnlp20]

Eine weitere Vorannahme: „Menschen treffen stets die beste Wahl aus dem, was ihnen an Optionen zur Verfügung steht. Sie funktionieren in ihrem ‚Modell der Welt’“ [dvnlp20]

Und noch eine: „Jedes menschliche Verhalten ergibt einen Sinn, wenn es im Kontext der „geistigen Landkarte“ der betreffenden Person gesehen wird. Die Schwierigkeit besteht in der Regel nicht darin, dass Menschen die falsche Wahl treffen, sondern dass ihnen nicht genügend Möglichkeiten zur Verfügung stehen.“ [dvnlp20]

In Verbindung führen diese Vorannahmen eher weg von einer verurteilenden Haltung hin zu der Frage: Was steckt hinter einem Verhalten? Wie kommt es dazu? Es führt zu einem „Verstehen wollen“, zum Lernen voneinander. Während eine Verurteilung möglicherweise die Verbindung zu dieser Person unterbricht, führt dieses „Verstehen wollen“ zu einem tieferen Kontakt, welcher im Anschluss Veränderungen ermöglicht. Diese Veränderung kann möglicherweise die Frage nach einer in Zukunft neuen Verhaltensoption sein und macht damit den Weg frei für eine persönliche Weiterentwicklung.

Modell der Welt
Das „Modell der Welt“ ist ein im NLP oft genutzter Begriff und entspringt der Grundannahme, dass jeder Mensch sich an seiner „geistigen Landkarte“ orientiert, welche er über seine Wahrnehmungen, Erfahrungen und Prägungen erschaffen hat, die wiederum durch seine Sinneskanäle begrenzt sind. Diese Landkarte ist demnach kein exaktes Abbild der Welt, sondern vielmehr ein strukturiertes Modell.

Der Vorteil liegt darin, dass die durch diese Strukturierung geringere Komplexität der Welt einer Überforderung des Menschen entgegenwirkt. Andererseits führt diese Strukturierung auch zu Infor-mationslücken und damit zwischen zwei Menschen beim selben Thema möglicherweise zu einer komplett unterschiedlichen Sichtweise. So können bei einem Streit tatsächlich beide Personen gleichzeitig richtig liegen – in ihrem jeweiligen „Modell der Welt“.

Für den an konstruktiver Kommunikation interessierten Trainer kann es sehr hilfreich sein, Einblicke in die „Weltmodelle“ seiner Teilnehmer zu bekommen, um anschließend mit diesen und seinem eigenen Modell bewusst umzugehen und dadurch höhere Flexibilität zu gewinnen.

Hierbei kann die Gliederung in Meta-Programme helfen. Meta-Programme sind typische Wahrneh-mungsfilter, die darüber entscheiden, auf welche Informationen der einzelne Mensch seinen Fokus richtet. Sie beschreiben innere Motivationsrichtungen, geboren aus Erfahrungen, Prägungen und Werten. Leslie Cameron-Bandler trug etwa 60 verschiedene Meta-Programme zusammen.

Durch Beobachten und offene Fragen in Gruppengesprächen zeigt sich oft, welchen Meta-Programmen die Menschen zugewandt sind. Dies ergibt sich oft weniger aus dem, was der einzelne sagt, sondern mehr daraus, wie er etwas sagt.

Beispielsweise könnten zwei Teilnehmer gerne eine Bergtour machen wollen. Der eine, weil er gerne „den Ausblick auf dem Gipfel genießen möchte“, zeigt dabei eine „Hin-zu“-Präferenz. Ein anderer möchte dem „Nebel im Tal entfliehen“ und weist damit auf eine „Weg-von“-Präferenz hin. Dieses Meta-Programm beschreibt die Richtung der Motivation, also was eine Person zum Handeln bewegt. Geht man nun mit den Meta-Programmen bewusst um, lassen sich hinter jeder Ausrichtung Potentiale erkennen. Beispielsweise läßt sich hinter einer „Hin-zu“-Motivation eine Begeisterungsfähigkeit für Ziele erahnen, die möglicherweise auch andere motivieren könnte. Hinter der „Weg-von“-Mentalität könnte sich wiederum ein guter Krisenmanager und Problemlöser verstecken.

In erlebnispädagogischen Kursen werden die Teilnehmer typischerweise immer wieder vor neue Herausforderungen durch Teamaufgaben gestellt, welche zur Durchführung die Zusammenarbeit auf die Probe stellen und damit Stoff zur Weiterentwicklung bieten. Ein Meta-Programm, welches in Gruppen in hohem Maße für die Zusammenarbeit als Team relevant ist, ist die Einteilung in „proaktiv“ und „reaktiv“.

Proaktive Teilnehmer zeichnen sich dadurch aus, dass sie Macher-Typen sind und als solche Initiative ergreifen, Dinge vorantreiben, allerdings auch gut mit dem Risiko leben können, Fehler zu machen. Sie handeln intrinsisch motiviert und entscheiden schnell, manchmal allerdings auch ohne Plan. Reaktive Teilnehmer sind eher bedacht, schätzen die Konsequenzen gründlich ab und handeln erst danach. Sie warten oft darauf, dass andere die Initiative ergreifen.

Treffen diese zwei Ausrichtungen innerhalb einer Gruppe aufeinander, führt dies möglicherweise zu Komplikationen, die für die Produktivität eines Teams gravierende Folgen haben können. Beispiels-weise könnten sich die Menschen mit proaktiver Ausrichtung durch ihre schnelle Handlungsbereitschaft als überlegen präsentieren und die Führung übernehmen während die Reaktiven noch nicht ganz so weit sind, durch ihre Bemühung um Verstehen manches besser wissen, aber auch eher darauf hoffen, dass jemand anderer die Initiative ergreift.

Die Förderung des Bewusstseins der jeweiligen Vor- und Nachteile eines solchen Programmes – auch in Reflexionsrunden innerhalb der Gruppe – kann zu höherer Selbstreflexion bei den Teilnehmern führen und damit zu einer respektvolleren und balancierteren Zusammenarbeit.

Handlungs-Werkzeuge
Im NLP gibt es einige Werkzeuge, die den Handlungsspielraum eines Trainers im Umgang mit der Gruppe erweitern und Fallstricke verhindern.

So kann es sehr hilfreich sein, die Erkenntnis aus dem Satz „Denke nicht an einen rosa Elefanten!“ zu beachten, die besagt, dass die Allgemeinheit bei diesem Satz erst an der rosa Elefanten denken muß, um das Wörtchen „nicht“ anzuwenden, was dazu führt, dass man eben doch an den rosa Elefanten gedacht hat. So hilft es dem ängstlichen Teilnehmer im Hochseilgarten auch nicht, wenn man ihm erklärt: „Das Seil kann nicht reißen! Es ist ungefährlich! Du kannst nicht herunterfallen, es ist noch nie etwas passiert.“ Die Worte „reißen, gefährlich, herunterfallen und passiert“ werden ihre Wirkung tun. Stattdessen könnte man sagen: „Du bist sicher. Wir halten Dich. Das Seil und dein Gurt halten locker Dein 20faches Gewicht.“

Das Bewusstsein dafür, dass Menschen bestimmte Sinneskanäle priorisieren, kann man in eine Präsentation vor der Gruppe mit einfließen lassen, indem man versucht, linguistisch mehrere Sinnes-kanäle anzusprechen. Man wählt in seinen Ausführungen abwechselnd Worte, die unterschiedliche Sinne befriedigen, also visuell, auditiv und kinästhetisch, anstatt nur seinen eigenen bevorzugten Sinneskanal. Dies kann zu besserer Aufmerksamkeit führen, da sich mehr Menschen angesprochen fühlen. Man könnte zum Beispiel den Ausdruck „auf die innere Stimme hören“ verwenden, anstatt „in sich hineinspüren“ um die Menschen mit der Priorisierung auf den auditiven Kanal anstatt des kinästhetischen anzusprechen.

Die Meta-Fragen mit dem Wissen über das Meta-Modell der Sprache erlauben es auch in Gruppen-gesprächen, stärker in die Tiefe zu gehen und Generalisierungen, Tilgungen und Verzerrungen wahrzunehmen und zu hinterfragen und dadurch Bewusstheit zu schaffen.

Ähnlich hilfreich sind in dieser Hinsicht die „Sleight of Mouth (SOM) Pattern“, verbale Sprachmuster, die dieselbe Aufgabe oft auf trickreiche und unterhaltsame Art erfüllen. Wichtig dabei ist jedoch eine hohe Sensibilität für die Qualität des Kontakts (im NLP: Rapport) zur angesprochenen Person, da die meisten „SOM“s einen Sachverhalt auf witzige Weise hervorheben oder gar bloßstellen, was für dem Teilnehmer in seiner dann exponierten Situation vor der Gruppe leicht zu viel werden kann.

Wie schon genannt lassen sich einige kürzere NLP-Formate im 1-zu-1-Rahmen auch zwischendurch als deeskalierende Maßnahme anwenden. Die Teilnehmer sehen sich in einem Kurs immer wieder Herausforderungen und Grenzerfahrungen gegenüber, welche oft mit großen Ängsten verbunden sind. Es gibt typischerweise Höhenängste im Hochseilgarten, die Angst eine Wanderung mit einem schweren Rucksack nicht zu schaffen, die Angst vor schlechtem Wetter, die Angst auf ein Floß zu steigen, Ängste vor Spinnen oder Bettwanzen in einer Hütte, die Angst vor Auseinandersetzungen mit anderen Teilnehmern oder nicht dazuzugehören…

Bei einigen Themen kann das Format „Weg mit dem Angstgegner“ Milderung bieten. Falls Schwie-rigkeiten absehbar sind, könnte vorab auch ein kurzes Ankerformat helfen, welches den Teilnehmer mit resourcenvollen stärkenden Erlebnissen aus seiner Vergangenheit verbindet, die er dann im geeigneten Augenblick hervorholen kann.

Ich erinnere mich weiter an eine Situation, als ich mit einer Gruppe bei einer Nachtwanderung in den Bergen in besinnlicher Runde um eine Fackel saß und nach dem Vorlesen einer Geschichte ein starkes Miteinander wahrnahm.

Es war ein Abend nach einem Tag voller gemeinsamer Erlebnisse und gegenseitiger Unterstützung und ich hatte das Gefühl, dass die Gruppe sehr achtsam und harmonisch miteinander umging. In einer sehr kurzen Meditation richtete ich die Aufmerksamkeit auf den Moment, indem ich die Wahrnehmung auf die einzelnen Sinne lenkte, um damit die Sensibilität für den Augenblick zu erhöhen. Dies könnte möglicherweise später eine Erinnerung an diesen Moment als mögliche Resource unterstützen.

Thematische Unterstützung
Auch thematisch lässt sich ein erlebnispädagogisches Programm durch NLP-Wissen ergänzen. Je älter und reifer die Teilnehmer eines Kurses sind, desto mehr Erwartungen gibt es auch auf inhaltlicher Ebene. So können je nach Altersstufe einige NLP-Elemente von einzelnen Teilnehmern in Partnerarbeit genutzt werden.

Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren für das Erreichen von Zielen sind Motivation (ich will…), Fähigkeiten (ich kann…) und Erlaubnis (ich darf…). Die „Erlaubnis“, ein Ziel zu erreichen, kann ein sehr komplexes Thema sein kann, welches oft auch mit systemischen Verstrickungen verbunden ist. So kann es in Gruppenkonstellationen möglicherweise nur schwer in ausreichender Tiefe angegangen werden. Der verstärkte Fokus auf Auseinandersetzung mit Motivation und Fähigkeiten kann jedoch für die Teilnehmer durchaus auch profitabel sein.

Viele der Kurse werden von Lehrern oder Vorgesetzten gebucht und haben basierend auf deren Vorstellungen meist die Zusammenarbeit als Klasse oder Team, manchmal aber auch die Persönlich-keitsentwicklung des einzelnen zum Ziel. Mögen die individuellen Ziele der Teilnehmer auf kurzfristige Sicht mit denen ihrer Vorgesetzten Ähnlichkeiten aufweisen, so werden sich ihre langfristigen Ziele doch stark unterscheiden. Viele Teilnehmer besuchen den Kurs auch nur, weil es sich um eine Pflichtveran-staltung handelt, ohne sich weitere Gedanken zu machen. Oft genug werden diese von den Heraus-forderungen überrascht und steigen bereits früh mit einer Krankmeldung aus.

Die Attraktivität eines Zieles ist wesentlich, damit der Teilnehmer nachhaltig die Energie zur Erreichung desselben aufwenden will und kann, weshalb es sich lohnt, dass der Teilnehmer sich sein eigenes Ziel bewusst macht und auch, welche Rolle der aktuelle Kurs dafür spielt. So kann dies beim Teilnehmer dazu führen, dass er den Kurs als Chance wahrnimmt.

NLP ist eine sehr lösungs- und zielorientierte Methode. Die Arbeit mit NLP nutzt das Problem lediglich kurz, um anschließend voll und ganz seinen Blick auf die Lösung oder das Ziel zu werfen. Auch in der Erlebnispädagogik werden Fehler jederzeit als große Chance auf Lernen gesehen, weshalb sich NLP und die Pädagogik wunderbar damit vereinbaren lässt.

Oft ist ein Ziel von der Formulierung her schon unerreichbar. Das Ziel eines Teilnehmers könnte sein: „Ich möchte, dass meine Klassenkameraden fair zu mir sind, so dass wir keinen Streit auf der Berghütte haben.“ Dieses Ziel widerspricht einigen Wohlgeformtheitskriterien für Ziele: Es ist sehr abstrakt formuliert (was bedeutet „fair“?). Es liegt lt. Formulierung nicht in der Macht des Teilnehmers, sondern in der Macht der Klassenkameraden. Es drückt aus, was der Teilnehmer nicht will („Streit“).

Die S.M.A.R.T.-Kriterien eines Zieles können hier den Teilnehmern helfen, ihre Ziele korrekt zu formulieren:

Sinnesspezifisch
Was genau wirst Du sehen, hören und fühlen, wenn das Ziel erreicht ist?

Messbar
Welche messbaren Kriterien gibt es, an denen Du das Erreichen des Ziels erkennen kannst?

Attraktiv
Ist das Ziel positiv formuliert und für Dich attraktiv? Gibt es Nebenwirkungen, die Du nicht willst? Was wäre nicht mehr möglich, wenn Du das Ziel umsetzen würdest?

Realistisch
Kann das Ziel mit zur Verfügung stehenden Mitteln von Dir allein erreicht werden? Brauchst Du Zwischenschritte, weil das Ziel sehr groß ist?

Terminiert
Welche Zielkriterien müssen bis wann erfüllt sein?

Ein weiterer Schritt kann sein, die Energie dieses Zieles als Antrieb zu verstärken, das Ziel stärker zu magnetisieren. Der Teilnehmer begibt sich hierzu mit allen Sinnen in die Situation des Moments hinein, in welchem er dieses Ziel erreicht hat, er erlebt also über NLP bereits jetzt die sinnesspezifische Ausprägung des Zieles. Möglicherweise kann der Teilnehmer durch einen einfachen Rückblick aus dem assoziierten Zielmoment auf den aktuellen Kurs den Sinn seiner Anstrengungen besser greifen und eine Stärkung erfahren. Diese Übung wäre je nach Gruppe auch in Partnerarbeit denkbar.

Ein weiteres Element, das in Kursen Anwendung finden kann, ist die NLP-Urdisziplin „Modelling“. Während die verschiedenen Teamrollen nach Belbin mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen in der richtigen Kombination ein Team effizient machen, so kann es doch von Vorteil sein, sich nicht auf seiner Rolle und seinen Fähigkeiten auszuruhen und sich die Flexibilität zur möglichen Einnahme einer anderen Rolle zu erarbeiten.

Hinter jeder erfolgreich ausgeübten Rolle stecken erfolgreiche Strategien. Im Sinn von NLP sind Strategien Abfolgen von Übergängen von einem Repräsentationssystem zum anderen. Diese lassen sich bewußtmachen (elizitieren). „Modelling“ im NLP bedeutet, dass diese Strategien außerdem veränderbar und optimierbar sind und von anderen Menschen angenommen werden können.

Es gibt im NLP einige Formate, welche Modelling auf intensive Weise möglich machen. Jedoch findet Modelling auch auf viele anderen Arten und Weisen statt. Kinder modellieren ihre Eltern intuitiv und übernehmen oft deren Einstellungen und deren Verhalten. Viele Jugendliche haben Idole, denen sie nacheifern.

Ein erlebnispädagogischer Kurs vereint eine Vielzahl an Charakteren in verschiedenen Rollen, welche wiederum viele unterschiedliche Fähigkeiten und Stärken besitzen. Dieses Reservoirs an Kompetenz kann über Modelling für gegenseitiges von-einander-lernen genutzt werden.

Die Arbeit mit ihren Stärken kann sich sehr energetisierend auf die Teilnehmer auswirken. Ein Bewusst machen von Stärken kann bei der Vorstellung in einem Partnerinterview oder bei einer Reflexion nach einer Kooperationsaufgabe auch über Feedback erfolgen. Der erlebnishafte Austausch darüber, wie jemand etwas macht und was in ihm dabei vorgeht, unterstützt nicht nur dessen eigene Bewusstheit. Die Verbindung seiner Stärke mit seinen erlebten Emotionen macht seine Strategien zu deren Anwendung für die anderen Teilnehmer besser verständlich und wiederholbarer. Die nötige Detaillierung kann hierbei vom Trainer durch zielgerichtetes Fragen gefördert werden.

Ausblick
Das Modell der Themenzentrierten Interaktion (TZI) von der Psychoanalytikerin und Psychologin Ruth Cohn beschreibt sehr gut die Vielseitigkeit der Arbeit mit Gruppen. Sie modellierte vier Faktoren, die sich in der Gruppenarbeit gegenseitig beeinflussen:

• die einzelnen Personen mit ihrer Biografie und Tagesform
• das sich entwickelnde Beziehungsgefüge der Gruppe
• den Inhalt, um den es geht, oder die Aufgabe, zu deren Erledigung die Gruppe zusammenkommt
• das organisatorische, strukturelle, soziale, politische, wirtschaftliche, ökologische, kulturelle engere und weitere Umfeld
[wiki20-tzi]

Diese Faktoren lassen eine unendliche Zahl von Konstellationen zu. Allein das Wetter vermag einen Tag schon komplett auf den Kopf zu stellen. Und so ist die Gruppenarbeit auch immer ein Testfeld, in welchem zwar Achtsamkeit und Verantwortungsbewusstsein vorherrschen müssen, in welchem aber auch ein gewisser Mut zur Kreativität seinen Platz findet.

Nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch für den Trainer gilt, dass in jeder Komplikation eine Chance auf Lernen steckt. So wird die praktische und ideenreiche Anwendung von NLP innerhalb von erlebnis-pädagogischen Kursen den Erfahrungsschatz zugunsten jedes weiteren Kurses erweitern und auf diese Weise voraussichtlich noch viele weitere Möglichkeiten eröffnen.

Literaturverzeichnis für den Beitrag zum Thema NLP Pädagogik:
[dvnlp20] DVNLP.de (April 2020): Die Vorannahmen des NLP.
Unter: https://www.dvnlp.de/was-ist-nlp/nlp-vorannahmen

[froebel] Fröbel, Friedrich, deutscher Pädagoge (* 21.04.1782, † 21.06.1852)

[wiki20-nlp] Wikipedia (April 2020): Neuro-Linguistisches Programmieren. Unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Neuro-Linguistisches_Programmieren

[wiki20-tzi] Wikipedia (April 2020): Themenzentrierte Interaktion. Unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Themenzentrierte_Interaktion

NLP-Masterarbeit eines Teilnehmers vom April 2020

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